Der Grazer Schriftsteller Gerhard Roth ist am Dienstag an den Folgen einer schweren Krankheit verstorben. Er wurde 79 Jahren alt. Roth war Träger des Großen Österreichischen Staatspreises für Literatur, im Mai sollte sein neuer Roman „Die Imker“ (S.Fischer) erscheinen.
„Gerhard Roth ist heute von uns gegangen. Viel zu früh, wenn man sieht, wozu dieser genaue Beobachter und Chronist fähig war. Klar und konsequent setzte er sich mit österreichischer Geschichte, mit den hellen, oft auch dunklen Seiten unseres Landes auseinander. Seine Prosa lotete das Österreichische aus, mitunter schmerzhaft, nie ungerecht, stets aber in literarisch höchster Qualität. Nicht selten erhob Gerhard Roth seine Stimme und trat für ein weltoffenes, solidarisches und friedliches Österreich ein. Er wird jenen fehlen, die auf jedes neue Buch von ihm gewartet haben, er wird uns allen fehlen, diese mutige und kluge Stimme. Mein Mitgefühl gehört seinen Angehörigen“, sagt Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Ableben des Schriftstellers.
„Gerhard Roth war und bleibt einer der ganz Großen der österreichischen, aber auch der gesamten deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“, sagt Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer heute zum Ableben des Grazer Schriftstellers und Dramatikers. „Politisch galt er manchen als unbequem, umso wichtiger war er für Österreich und das Nachdenken über unser Land. Seine beiden Romanzyklen ‚Die Archive des Schweigens‘ und ‚Orkus‘ sind zwei literarische Kontinente, durch die wir noch lange reisen werden und immer wieder Neues über uns und unsere Geschichte lernen und erfahren werden. Mit ihm verlieren wir einen unserer besten Autoren, der bis zuletzt geschrieben und an seinem neuen Buch gearbeitet hat. Er wird Österreich sehr fehlen, und auch mir persönlich als immer interessanter und herzlicher Gesprächspartner. Meine Gedanken sind bei ihm, seiner Familie und seinen Freunden.“ so Staatssekretärin Andrea Mayer.
„Gerhard Roth war einer der wichtigsten Schriftsteller Österreichs, eine Ausnahmeerscheinung in der Literaturwelt“, reagiert Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler betroffen auf den Tod des großen Essayisten, Romancier und Fotografen. „Allein mit ‚Orkus‘ und den ‚Archiven des Schweigens‘ hinterlässt er ein monumentales Werk, das uns einen tiefen, ungeheuer komplexen Blick in unsere eigene österreichische Geschichte erlaubt. Darüber hinaus publizierte er zahlreiche Erzählungen, Essays, Theaterstücke, Drehbücher und Fotobücher. Seine Texte zeichnen sich durch Geduld, Genauigkeit, Tiefe und Konzentration aus und sind heute ein widerständiges Werk in einer von Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit geprägten Zeit. Im Mittelpunkt seiner virtuos erzählten und recherchierten Texte stehen die sogenannten kleinen Leute wie Arbeiter, Bauern, Mägde und Knechte, Sonderlinge und tragische Figuren. Dabei schwingt immer großes Verständnis, Respekt und liebevolle Zuneigung mit. Anhand dieser Einzelschicksale führt uns Gerhard Roth durch österreichische Geschichte und Geschichten. Mein Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Weggefährtinnen und Weggefährten“.
Gerhard Roth erhielt eine Reihe von nationalen und internationalen Auszeichnungen, darunter den Literaturpreis der Stadt Wien (1992), den Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (2002) sowie das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2003). 2016 wurde Roth auch mit der höchsten künstlerischen Auszeichnung der Republik geehrt, dem Großen Österreichischen Staatspreis. Laudator Peter Stephan Jungk sagte damals: „Gerhard Roth ist ein Besessener im besten Sinne, er folgt der Magnetspur der Inspiration.“
9.2.2022