Am 19. November wurde der Autor Philippe Sands in Krems an der Donau mit dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln geehrt.
Die Verleihung erfolgte als abschließender Höhepunkt der Europäischen Literaturtage 2023 in Krems/Stein. Benedikt Föger, der Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels, überreichte die höchste Auszeichnung, die der österreichische Buchhandel zu vergeben hat.
Der Ehrenpreis wird seit 1990 an Personen vergeben, die sich in ihrem Werk und durch ihr Engagement für Toleranz gegenüber den anderssprachigen und kulturell anders geprägten Nachbarn in herausragender Art und Weise eingesetzt haben und somit einen Beitrag zu einem friedlichen Miteinander in Europa geleistet haben. Er ist mit 10.000 Euro dotiert und wird vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels ausgerichtet. Zuletzt wurde 2022 Miljenko Jergović mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet.
„Unsere Entscheidung hätte richtiger nicht sein können. (…) Es ist kein Zufall, dass die beiden wichtigsten Auszeichnungen, die die deutschsprachige Buchbranche zu vergeben hat, der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und der Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln heißen. Mit diesen Preisen wollen wir darauf aufmerksam machen, dass es uns um mehr geht, als nur Bücher zu verkaufen. Dass wir uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind und diese auch wahrnehmen. Frieden und Toleranz sind die gesellschaftlichen Eckpfeiler, auf denen jeder intellektuelle Diskurs, auf den jede Schaffung und Auseinandersetzung mit Kunst – in unserem Fall mit Literatur – fußt.“ So Benedikt Föger bei der Übergabe des Preises an Sands.
Laudator Ernst Strouhal (Österreichischer Autor und Universitätsprofessor) über das Werk des Autors: „Nicht Empathiemangel ist heute das Problem, sondern ein ungelenkter Überschuss an Emotionen, indem alles jederzeit zur Haltung, jede Wortmeldung in Permanenz zur Meinung über alles wird, die Beachtung finden soll. (…) Dagegen hält Sands die klare Benennung von Sachverhalten und die kunstvolle Einhegung des Narrativen. Es gelingt ihm seine Geschichte in klare Argumente münden zu lassen, und Anschaulichkeit dort zu erzeugen ohne Komplexität zu reduzieren. Dieser Vorgang ist schwierig, aber in der aktuellen Krise der liberalen Demokratie m.E. notwendiger denn je. (…) Der Autor und Anwalt Philippe Sands ist ein Weltbürger, der sich in die Agenden des Staatsbürgers einmischt. Ein Citoyen im klassischen Sinne der Aufklärung. Streitbar mit klarer Stimme sich artikulierend und einer, der im Zusammenwirken seiner unterschiedlichen Talente Zusammenhänge erzählbar und damit für uns verstehbar macht. Für Ihre Erzählkunst, für Ihr Engagement, für Ihre Klarheit und die Anschaulichkeit der Darstellung möchte ich mich heute bei Ihnen, lieber Philippe Sands, im Namen Vieler bedanken.“
Philippe Sands äußerte sich zum Erhalt der Auszeichnung: „Ich bin zutiefst geehrt, bei Ihnen zu sein. (…) Ich habe ein Leben als Jurist geführt und mich offenkundig in eine andere Richtung bewegt. Es gab immer einen Teil von mir, der sich als Schriftsteller wie ein Hochstapler fühlte. Aber ich bin sehr froh, dass ich hier bin. Sie werden verstehen, dass dies für mich persönlich ein sehr wichtiger Moment ist. Ich habe eine besondere Beziehung zu diesem Land, zu Österreich. Natürlich sind es historische Umstände, die dazu führten, dass erst mein Großvater, dann meine Mutter und meine Großmutter zwischen 1939 und 1941 das Land verließen. (…) Ich denke, in gewisser Weise muss ich diesen Moment denjenigen widmen, die heute nicht hier sind und die ich nie kennenlernen durfte.“
Rosie Goldsmith (Journalistin) moderierte das Gespräch. Die musikalische Umrahmung erfolgte durch Duo Sonoma.
Über Philippe Sands
Philippe Sands, geboren 1960, ist Anwalt und Professor für Internationales Recht und Direktor des Centre for International Courts and Tribunals am University College London. Leidenschaftlich setzt er sich für humanitäre Ziele und das Völkerrecht ein. Er formulierte u. a. die Anklage gegen den chilenischen Diktator Pinochet. 2020 erschien von ihm „Die Rattenlinie – ein Nazi auf der Flucht“, 2017 „Rückkehr nach Lemberg“, das mit dem renommierten Baillie Gifford Prize und dem Wingate Literaturpreis 2016 ausgezeichnet und Buch des Jahres bei den British Book Awards 2017 wurde. Philippe Sands hält weltweit Vorträge, hat an der New York University gelehrt und war Gastprofessor an der University of Toronto, der University of Melbourne und der Université de Paris I (Sorbonne). Er war Präsident des englischen PEN und ist Mitglied des Vorstands des Hay Festival of Arts and Literature. Zuletzt erschienen: „Die letzte Kolonie – Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Indischen Ozean“ (S. Fischer Verlag)