Ivan Ivanji ist verstorben

Der serbisch-österreichische Schriftsteller Ivan Ivanji ist am 9. Mai in Weimar gestorben.

Ivan Ivanji wuchs in einer bürgerlichen, säkular-jüdischen Familie in Veliki Bečkerek/Zrenjanin im multikulturellen serbischen Banat auf und sprach bereits als Kind Serbokroatisch, Ungarisch und Deutsch. 1944 wurde er im Alter von 15 Jahren in die Konzentrationslager Auschwitz und von dort nach Buchenwald deportiert, seine Eltern wurden ermordet, was er in zahlreichen Romanen thematisierte. Im Nachkriegsjugoslawien war er unter anderem Lehrer, Theaterintendant, Dolmetscher des Staatspräsidenten Tito, jugoslawischer Kulturattaché an der Botschaft in Bonn, Übersetzer von Günter Grass und Bertolt Brecht und Schriftsteller. Im Zuge der Balkankriege floh Ivanji Anfang der neunziger Jahre nach Wien, das bis zuletzt neben Belgrad ein Lebensmittelpunkt für ihn blieb.

Seit 1991 erschienen 19 Romane und Erzählungen von Ivan Ivanji, die er auf Deutsch verfasste oder selbst aus dem Serbischen ins Deutsche übertrug, im Picus Verlag. Viele seiner Romane thematisieren die Zerschlagung der multikulturellen Welt seiner Kindheit und die Gräuel des NS-Regimes, das Überleben und das Sterben in den Konzentrationslagern und Elemente seiner eigenen Biografie, wobei eine grundsätzliche Skepsis gegenüber der Zuverlässigkeit der eigenen Erinnerung immer mitschwang.

„Ivan Ivanjis starke Stimme der Erinnerung, seine analytische Klugheit und seine literarische Kraft werden dem Picus Verlag fehlen. Trost bietet der Blick auf eine fünfunddreißigjährige Freundschaft und eine Reihe bleibender Werke“, so Alexander Potyka, Verleger des Picus Verlag.

„Mit Ivan Ivanji verlieren wir einen unermüdlichen Schreiber und Chronisten der Zeitgeschichte“, so Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer zum Ableben des serbisch-österreichischen Schriftstellers, Übersetzers und Zeitzeugen. „Er hat in seinem vielfältigen Werk Erfahrungen aus seinem bewegten Leben als Autor, Lehrer, Diplomat und Dolmetscher Titos mit dem Weltgeschehen verwoben und so ein unersetzliches Gesamtwerk hinterlassen. Seine autobiografisch geprägten Bücher über die Gräueltaten des Nazi-Regimes sind schon jetzt fixer Bestandteil des Kanons der Erinnerungsliteratur. Seine Stimme wird fehlen.“

Ivan Ivanji war Träger des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich sowie des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst I. Klasse.

Ivan Ivanji (c) Wladimir Fried (aus dem November 2023)
(c) Wladimir Fried (aus dem November 2023)
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