anzeiger 9/23 – Die Branche zum Guten verändern

Beim Nachwuchsparlament in Frankfurt zeigte sich einmal mehr: Engagement und Freude am Buchhandelsberuf sind groß

Text: Linn Ritsch

Ende Juli. In Frankfurt trudeln E-Mails ein: Dankesbekundungen und viel Lob für ein vom mediacampus frankfurt organisiertes Erfolgsmodell: das Nachwuchsparlament. E-Mails kommen auch aus Österreich: „Mein erster Eindruck an diesen Tagen war: Wow, alle sind total offen und zugänglich!“, erzählt Sarah Embacher. Die Buchhändlerin war bereits zum zweiten Mal dabei. „Man ist sofort auf ­einer Ebene und versteht sich auf Anhieb. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt und Freundschaften geschlossen.“
Sie war einer von 85 jungen Menschen aus der Buchbranche, die sich am 16. und 17. Juli zum Vernetzen und Diskutieren trafen. Teilnehmen wollten aber noch viel mehr, erzählen die Nachwuchssprecher Tobias Groß und Florian Noichl. „Für uns der Beweis, dass viele junge Menschen die Branche unbedingt zum Guten verändern und dies mit Gleichgesinnten auch in die Tat umsetzen wollen.“

Welche Veränderungen braucht die Branche aus Sicht der Jungen? Zunächst geht es um das Gehalt. „Ein Dauerbrenner“, sagen die Nachwuchssprecher. Auch eine bessere Work-Life-Balance und mehr Wertschätzung für die Mitarbeitenden stehen zunehmend im Mittelpunkt. Diesen Schwerpunkten galten Veranstaltungen wie „Charakter meets Karriere – wie der Job unsere Persönlichkeit prägt“ und Taskforces zu Diversität oder einem Gütesiegel für Ausbildungen.

Viele Arbeitgeber:innen zeigten sich aufgeschlossen dafür, „aber es gibt einige, bei denen wir noch Aufholbedarf sehen“. Die meisten Führungskräfte beurteilen das Nachwuchsparlament als Chance, nach fünfzehn Jahren ist es fester Bestandteil der Branche: „Mittlerweile werden fast alle Teilnehmenden von ihren Arbeitgeber:innen freigestellt, sagen Noichl und Groß. „Das war nicht immer so und zeigt uns, dass das NWP auch in den Chefetagen ernst genommen wird.“ Außerdem wird das Projekt als Talentschmiede verstanden, zahlreiche Karrieren in der Branche beginnen hier.
Dadurch wird die Branche bunter und diverser: „Viele Nachwuchskräfte legen Wert auf ein breites, diverses Sortiment, das ihre Wertvorstellungen widerspiegelt“, sagen die Nachwuchssprecher. Englisch, queer, Themen gesellschaftlicher Relevanz – was auf BookTok wichtig ist, soll auch in den stationären Handel. „Dadurch werden nicht nur Kund:innen gewonnen, Buchhandlungen und Verlage beweisen sich auch weiter als Ort, an dem Gleichberechtigung und Toleranz gefördert werden.“

Das diesjährige Motto „Fachkräftemangel? Fachkräfte-Empowerment!“ zeigt, worum es beim Nachwuchsparlament vor allem geht: Selbstbewusstsein zu stärken und Ideen auszutauschen. „Man kommt nach diesen Tagen voller Motivation zurück in die Arbeit und hat viele neue Ideen, weil man sich dort mit so unterschiedlichen Menschen austauschen konnte“, erzählt Embacher. „Am spannendsten fand ich den Austausch mit den Verlagsleuten. Für mich als Buchhändlerin war es informativ, tiefere Einblicke in ihre Arbeit zu bekommen.“

Das Format ist einzigartig, in keiner anderen Handelsbranche gibt es Vergleichbares. Wenn alles so weiterläuft wie bisher, darf man sehr zufrieden sein, finden die beiden Nachwuchssprecher: „Wir wünschen uns natürlich, dass das NWP auch 2038 existieren wird und weiter das Highlight des Jahres für die kommenden Generationen von Buchmenschen sein wird. Die Buchbranche kann sehr stolz auf das Event sein. Doch vor allem sollte sie stolz auf ihren enthusiastischen und hochmotivierten Nachwuchs sein. Denn #diezukunftistbuch.“

Nachwuchsprecher (c) Cristof Jacob
Nachwuchssprecher Tobias Groß und Florian Noichl (c) Cristof Jacob
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