anzeiger 2/24 – Der Vorteil eines Kleinverlags

Heuer wird der Renate Götz Verlag 25 Jahre alt. Die Geschichte einer mutigen Entscheidung, voller Spontaneität und Herzensprojekte.

Es begann mit einem fehlenden Buch. In der Schulzeit von Edwin A. Abbots „Flächenland“ (1884) fasziniert, wollte Renate Götz Jahre später den Roman kaufen, doch er war vergriffen. „Daraufhin habe ich meine Steuerberaterin angerufen und sie gefragt, wie ich einen Verlag gründen kann.“ Das war 1999. Kurze Zeit später wurde der Renate Götz Verlag gelistet. „Flächenland“ war wieder in deutscher Übersetzung erhältlich.

Es folgte eine Zeit des Lernens. Wie hält ein kleiner Verlag den Kontakt zum Buchhandel? Welche Kriterien gelten für publizierbare Manuskripte? Wie ist das mit der Buchlogistik? Mittlerweile ist Götz Spezialistin für diese Fragen, „aber in den ersten Jahren habe ich viel Lehrgeld bezahlt“. Herausfordernd sei das Thema Marketing geblieben: „Meinem kleinen Verlag fehlen die finanziellen Mittel für große Werbekampagnen. Die Autor:innen unterstützen mich beim Verkauf, sonst würde ich es nicht schaffen.“

Bis zur Verlagsgründung war Götz Versicherungsmathematikerin – und das ist sie geblieben. „Vor der Pensionierung war ich nur nebenberuflich Verlegerin.“ Die Anzahl der Neuerscheinungen war von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich, nicht immer blieb gleich viel Zeit für neue Projekte. Durchschnittlich verlegt sie vier oder fünf Bücher pro Jahr.

Der Verlagsschwerpunkt Kinderbuch, Pädagogik und Therapie ergab sich ebenso wie die Unternehmensgründung aus einem Herzensprojekt. Durch ihr Naheverhältnis zur Montessoripädagogik kam Götz drauf, dass Maria Montessoris Werk zu ihren Entwicklungsmaterialien auf Deutsch nicht mehr erhältlich war. Gemeinsam mit zwei Freundinnen arbeitete sie drei Jahre lang an einer aufwendig bebilderten Neuauflage. Später folgten Harville Hendrix’ Standardwerke zur ImagoTherapie, ein weiteres Interessensgebiet der Unternehmerin, und Titel zu Trauma und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche.

Lauter Bücher mit persönlicher Bedeutung, erklärt Götz. „Ich lege Titel auch dann wieder auf, wenn sie nicht sofort wirtschaftlich rentabel sind. Das ist der Vorteil meines kleinen Verlags: Ich kann es mir leisten, bei einzelnen Titeln flexibel und geduldig zu sein.“

Offenbar ein Erfolgskonzept: Am 3. Februar feierte der Götz Verlag gemeinsam mit Wegbegleiter:innen, Autor:innen und Freund:innen sein 25-jähriges Bestehen.

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(c) mellemsea – Melanie Rudolph
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