Linda Wolfsgruber erhält den Christine-Nöstlinger-Preis 2022

Der 2022 zum zweiten Mal vergebene Christine-Nöstlinger-Preis für Kinder- und Jugendliteratur geht an die Illustratorin Linda Wolfsgruber. Der von der Stadt Wien Kultur, Christine Nöstlingers Buchstabenfabrik und dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels gemeinsam ausgerichtete Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird seit 2021 jährlich verliehen, wobei eine Jury die Preisträgerin oder den Preisträger nominiert.

„Möglichkeitsräume zu eröffnen als Widerstand gegen Anmaßung, Unterdrückung und Ungerechtigkeit, war eine der ganz großen Stärken von Christine Nöstlinger. Auch im künstlerischen Werk von Linda Wolfsgruber werden den kleinen und großen Betrachter*innen Räume für philosophische Gedankenspiele eröffnet. Die wörtliche Aussage der Texte dient dabei als Sprungbrett für das eigene, assoziative Weiterspinnen. Und dabei kann sich das Glücksgefühl beim Anblick von künstlerischen Illustrationen, das sich Wolfsgruber seit Kindertagen bewahren konnte, so wunderbar übertragen,“ so die Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. „Ich gratuliere der zweiten Christine-Nöstlinger-Preisträgerin herzlich und freue mich, dass ihr poetischer Blick auf die Welt einmal mehr gewürdigt wird.“

Christiana Nöstlinger und Barbara Waldschütz, Töchter von Christine Nöstlinger, meinen: „Unsere Mutter hat darauf bestanden, dass jeder Mensch – besonders in verstörenden, unsicheren, inhumanen Zeiten – darauf achten muss, dass seine dünne Hautschicht der Zivilisation nicht löchrig wird. Der Christine Nöstlinger Preis zeichnet solche Menschen aus, die an dieser allzu verletzlichen Schicht der Zivilisation pflegend wirken. Wie Christine Nöstlinger, machte Linda Wolfsgruber eine Grafik-Ausbildung und arbeitet als Illustratorin und Texterin. In ihren Büchern spielt sie mit doppelten Bedeutungen von Text und Bild, ihre Figuren sind keine Superhelden, sondern Menschen und Tiere, die auf sympathische, oft solidarische Art handeln. Linda Wolfsgruber regt durch ihre innovativ-künstlerischen Bilderbücher zum Vorlesen an und vereint in kreativen Sprachspielen die wichtigen Elemente von Sprache, Bild, Klang und Aktivität. Ihre Bücher tragen so aktiv zur Leseförderung und Lesefreude bei.“

Alexander Potyka, Vorsitzender des Österreichischen Verlegerverbandes, streicht hervor: „Christine Nöstlingers unbestechliche Haltung, ihr Engagement für Gerechtigkeit und ihr Werk, das Kindern immer auf Augenhöhe begegnete und sie zur Eigenständigkeit ermutigte, gehören zu den Sternstunden der österreichischen Literatur. Der nach ihr benannte Preis würdigt herausragende Autorinnen und Autoren, die es verstehen, diese Haltung mit künstlerischer Exzellenz zu verbinden.“

Die Preisträgerin Linda Wolfsgruber

Linda Wolfsgruber, geboren 1961 in Bruneck/Südtirol, lebt in Wien. 1975–1978 Kunstschule in St. Ulrich in Gröden, 1978–1980 Ausbildung zur Schriftsetzerin und Graphikerin in München und Bruneck, 1981–1983 „Scuola del Libro“ in Urbino. 1983–1985 freischaffende Künstlerin und Werbegraphikerin in Florenz. 1985–1991 gemeinsames Werbestudio mit Gino Alberti in Bruneck. Erste freie Arbeiten. Radierkurse bei Emilio Umberuaga und Maurizio Olivotto in Sarmede/Vittorio Veneto. Seit 1986 Illustration von (Kinder-)Büchern, zunächst gemeinsam mit Gino Alberti. Zwei Wandmalereien gemeinsam mit Gino Alberti in der Volksschule Michael Bacher in Bruneck und in der Volksschule in Dietenheim. Seit 1990 auch Autorin. Seit 1992 in Wien: Buchillustrationen, freie Arbeiten, typographische Tätigkeiten, Papiertheater. Seit 1996 unterrichtet Wolfsgruber an der Scuola d’illustrazione di Sarmede. 2005–2006 Aufenthalt in Teheran, seitdem auch Covergestaltungen von Büchern und CDs. Veröffentlichungen von Illustrationen in Zeitungen und Zeitschriften, u. a. in »Die Zeit«, »Die Furche«, »1001 Buch«. Vier Affrescos im Raum Vittorio Veneto im öffentlichen Raum. Ihre Bücher wurden bislang in 17 Sprachen übersetzt.

Jurybegründung

„Seit bald vier Jahrzehnten schenkt die Künstlerin Linda Wolfsgruber Kindern das Glück von Bildern, die sie in Träume ziehen, das Herz weiten und kostbare innere Zustände spürbar machen. In ihrem mittlerweile über 70 Bücher umfassenden Werk lässt sie zu Kinderbuch-Texten renommierter Autorinnen und Autoren zärtliche visuelle Resonanzräume erstehen. Stil ist bei dieser Illustratorin nicht ein gleichbleibendes besonderes Gepräge, sondern vielmehr Wandlungsfähigkeit. Wolfsgruber ist eine Meisterin darin, sich auf Erzähltes einzustellen, hineinhorchend stets neue Zugänge und Techniken zu finden und diese mit liebevoller Sorgfalt umzusetzen. Davon zeugt unter anderem ihre langjährige Zusammenarbeit mit dem österreichischen Autor Heinz Janisch. Ob in der Illustration alter Märchen, Sagen und Mythen oder überraschender neuer Geschichten, stets schärft die in Wien lebende gebürtige Südtirolerin mit dem äußeren Blick den inneren Blick: für feine Gefühlsnuancen und Stimmungen, die sich einfachen Zuschreibungen entziehen, ebenso wie für die Kostbarkeit und Schönheit des vermeintlich Nebensächlichen.“

Der Christine-Nöstlinger-Preis

Der Christine-Nöstlinger-Preis wird von der Stadt Wien Kultur, Christine Nöstlingers Buchstabenfabrik und dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels gemeinsam ausgerichtet. Der Preis zeichnet Menschen aus, die Kindern und all jenen, die sonst nicht gehört werden, eine Stimme geben, ihre Perspektive einnehmen und so einen kleinen Beitrag leisten, deren Leben ein Stück gerechter zu gestalten. Der Autor und Illustrator Michael Roher war 2021 der erste Preisträger des neu geschaffenen Preises.

Die Jury

Die Entscheidung über die Auszeichnung fällt eine unabhängige Fachjury. Diese besteht aus drei Mitgliedern, die von den Trägern des Preises nominiert werden.

2022 bestand die Jury aus Karin Haller (Geschäftsführung Institut für Jugendliteratur), Paulus Hochgatterer (Autor & Psychiater, Universitätsklinikum Tulln) und Anne-Catherine Simon (Redaktion Feuilleton „Die Presse“)

25.3.2022

Die Preisträgerin Linda Wolfsgruber. Foto (c) Irene Hopfgartner
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