anzeiger 9/24 – Picus wird 40

Vierzig Jahre Picus Verlag, vierzig Jahre in den schönen Räumen des Büros am Friedrich-Schmidt-Platz. Vor 42 Jahren spazierten Dorothea Löcker und Alexander Potyka über die Frankfurter Buchmesse und malten sich aus, wie ein Verlag sein sollte. Beide stammten aus dem Verlagswesen – Löcker arbeitete im Löcker Verlag, Potyka als freier Übersetzer. „Wir fanden schnell heraus, dass wir ähnliche Ideen hatten“, erzählt Potyka. „Ideen, die rückblickend ein wenig naiv waren.“ Trotz geringen kaufmännischen Wissens gründeten sie den Picus Verlag.

Der Name des Verlags stammt aus der römischen Mythologie: Ein König, der von der Göttin Circe in einen Specht verwandelt wurde, inspirierte die Gründer. Der Specht wurde zum Verlagslogo, das Löcker selbst entwarf.

Anfangs gab es kaum Manuskripte, deswegen entwickelten Potyka und Löcker kurzerhand ihr eigenes Programm: Bei drei der ersten vier Kinderbücher waren sie Autor bzw. Illustratorin, ein Architekturbuch verfasste Potykas Vater. „Wir haben uns gedacht, wenn es nicht funktioniert, hören wir einfach auf“, erzählt Potyka. Doch einen Stichtag für diese Entscheidung gab es nie, so wurde einfach weitergemacht. „Verleger- Sein ist ein Suchtberuf.“

„Wir haben nur für den Verlag gelebt“, erinnert sich Löcker. „Es hat uns irrsinnigen Spaß gemacht.“ Der Verlag etablierte sich mit einem Zeitgeschichte-Schwerpunkt und veröffentlichte zahlreiche Biografien von Holocaust-Überlebenden. Der große Durchbruch gelang 1988 mit Ceija Stojka, deren Buch die Anerkennung der Roma und Sinti als Volksgruppe in Österreich förderte. „Es war beeindruckend zu sehen, wie wir etwas verändern konnten“, so Löcker.

Parallel wurden immer Kinderbücher produziert. „Das Kinderbuch-Milieu war in Österreich voll besetzt und empfing uns anfangs nicht unbedingt freundlich“, so Potyka. Doch mit „Quaxi, der Fernsehfrosch“ erzielte der Verlag internationale Anerkennung. „,Quaxi‘, der in Österreich als trivial bezeichnet wurde, war in Italien Schullektüre zur Medienerziehung“, berichtet Potyka. Das erfolgreichste Kinderbuch von Picus, derzeit in der 11. Auflage erhältlich, ist „Wien – Stadtführer für Kinder“, das auch auf Englisch und Japanisch vorliegt.

1987 gründete Potyka mit Erhard Löcker die „ARGE Österreichische Privatverlage“. „Unabhängige Verlage waren an den Rand gedrängt, auch weil Subventionen überwiegend an die Verlage im öffentlichen Eigentum gingen“, so Potyka. Die Arge setzte 1992 das System der Verlagsförderung durch. 1998 starteten die „Picus Lesereisen“. Die Reihe erfreute sich schnell großer Beliebtheit. „Wir starteten gleich mit fünf Titeln pro Saison, um dem Markt zu zeigen, dass wir es ernst meinen“, sagt Löcker.

Es war nicht nur einfach. Auf den Österreich- Schwerpunkt in Frankfurt 1995 folgte eine Krise. Potyka: „1996 waren wir nahezu zahlungsunfähig, aber wir haben nicht aufgegeben und Unterstützung gefunden.“

19 Jahre ist Barbara Giller schon im Picus Verlag tätig. Heute koordiniert sie das Lektorat, kümmert sich um den Vertrieb und übersetzt Kinderbücher aus dem Skandinavischen. „Wir haben ein großes Verantwortungsgefühl unseren Autor:innen gegenüber“, betont sie. Deshalb wird jedes Manuskript von allen Mitarbeiter:innen gelesen. „Das haben wir immer schon so gemacht“, erzählt Potyka. „Wir sind wie eine gut geölte Maschine, jeder kennt seine Aufgaben und deshalb funktioniert es so gut.“

Text: Ruth Kronbichler

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