anzeiger 5/23 – Gewinn im Buchhandel

Die fünf Gewinner:innen des Österreichischen Buchhandlungspreises überzeugen mit durchdachten Konzepten und individuellen Besonderheiten.

Text: Andrea Vanek.

Es ist wieder so weit: Fünf glückliche Gewinner:innen haben den Österreichischen Buchhandlungspreis von HVB und BMKÖS erhalten. Sie haben sich durch herausragende Konzepte hervorgetan, sei es ein besonderes literarisches Sortiment, ein vielfältiges kulturelles Veranstaltungsprogramm, Engagement in der Lese- und Literaturförderung oder ein innovatives Geschäftsmodell. Das Preisgeld von insgesamt 50.000 Euro geht zu gleichen Teilen an folgende Buchhandlungen:

Buchhandlung Steinbauer

„Buchhändler ist wohl mein Traumberuf. Wenn ich das so sagen kann, ich habe mir das fachliche Wissen recht mühelos aneignen können“, erzählt Johannes Steinbauer aus seiner Buchhandlung in Völs (Tirol).

Auf die Frage, was seine Buchhandlung so besonders mache, erwähnt er zunächst das schöne Interieur mit den hellen, selbst gebauten Vollholzregalen. Auch im Trubel eines Shoppingcenters, des EKZ Cyta, kann also mit etwas Geschick eine heimelige Atmosphäre entstehen. Die Freundlichkeit und das Engagement des Personals werden von den Besucher:innen ebenfalls sehr geschätzt, so wie „das vorhandene Sortiment und unser Bemühen, immer den Extraschritt zu gehen, um genau das passende Buch zu finden“.

Ob es um Probleme bei einer Bestellung geht, um vergriffene Titel, eine längere Lieferzeit, einen Fehlkauf oder den Umtausch von beschädigter Ware, in der Buchhandlung Steinbauer kann man sich darauf verlassen, dass eine Lösung gefunden wird. Diese Flexibilität hat sich bezahlt gemacht: Mittlerweile sind jene, die vor vierzehn Jahren mit ihren Eltern Bücher aussuchen kamen, selbst zu Stammkund:innen geworden.

Dass es trotzdem einige Hürden zu bewältigen gilt, liegt nach seiner Einschätzung an der hohen Inflation und Indexanpassungen bei Miete und Transport. Die niedrigen Buchpreise täten ihr Übriges. Erst zu ­Beginn des Jahres wurde die alte Deckenbeleuchtung durch eine umweltfreundlichere Alternative ausgetauscht. Umso mehr ist das Preisgeld nun willkommen.

Von der Auszeichnung zeigen sich Herr Steinbauer und seine Kolleg:innen begeistert. Insbesondere freue ihn, „dass wir so viele Glückwünsche unserer Kund:innen erhalten und sie sich mit uns freuen. Viele kommen dieser Tage ohne Kaufabsicht in unsere Buchhandlung, nur um zu gratulieren. Der Zuspruch und die Freude von so vielen Menschen machen mich stolz.“

Besold Buch-Papier

Auch Andreas Besold und seine Angestellten, die, wie er betont, „Arbeit in hervorragender Qualität liefern“, sehen den Buchhandlungspreis als Zeichen der Wertschätzung. „Ich werde als Gesicht der Buchhandlung wahrgenommen, wichtig ist aber das gesamte Team.“ Das Team werde daher auch vom Preisgeld profitieren, kündigt er an. „Noch gibt es keine konkreten Ideen, ein Teil soll aber vor allem dem Personal zugutekommen.“

Warum die Wahl der Jury auf Besold Buch-Papier fiel, wird mit dem Engagement bei der Ausbildung neuer Buchhändler:innen begründet. Das wiederum spiegle sich im Umgang mit den Kund:innen wider. „Wer hierherkommt, erhält freundliche, ausgezeichnete, kompetente und individuelle Beratung je nach Interessen und Wünschen.“

Außerdem hat die Buchhandlung Veranstaltungen, Lesungen und Büchertische zu bieten. So bringe sie „Bücher aus aller Welt zu den Menschen“. Besonderes Augenmerk liegt auf regionaler Literatur. Ein Service der speziellen Art stellt dabei der kostenlose Fahrrad-Zustelldienst für tagesaktuelle Onlinebestellungen dar. Besold bezeichnet sich und sein Team daher als „Buch-Nahversorger“.

Die größte Schwierigkeit bereite dem Buchhandel die Standortpolitik vieler Gemeinden. Die Errichtung von Einkaufszentren an der Peripherie sei in den Stadtzentren für viele Leerstände verantwortlich. „Eine Planung der Geschäftsentwicklung ist darum nur mehr mit einem Zeithorizont von maximal fünf Jahren realistisch“, gibt er zu bedenken.

Dafür, dass die Kundschaft dennoch gern in sein Geschäft mitten in der Altstadt von St. Veit/Glan (Kärnten) kommt, ist gesorgt: mit „immer neuen Ideen und Warenpräsentationen, spannenden Schaufenstern und Dekorationen“. Auch Kinder und Jugendliche zeigen sich an der Buchauswahl vor Ort interessiert, denn abgestimmt auf ihren Geschmack gibt es einiges: Mangas, New Adult, Trends auf BookTok sowie englischsprachige Literatur.

Buchhandlung Lesegenuss

Als die Buchhandlung, in der es Irmgard Rosenbichler von einer Quereinsteigerin zur Filialleiterin gebracht hatte, endgültig geschlossen wurde, nahm sie all ihren Mut zusammen und eröffnete ihr eigenes Geschäft. „Mir war enorm wichtig, dass es in Gloggnitz weiterhin eine Buchhandlung gibt. Die Raxregion ist zum Glück sehr weitläufig, und so haben wir Kund:innen von nah und fern, die es sehr schätzen, im schönen ,Lesegenuss‘ einzukaufen.“

Stammkundenpflege stand nach der Übernahme des Geschäfts ganz oben auf ihrer Prioritätenliste und ist bis heute etwas, das die Buchhandlung ausmacht. „Allein beim Einkauf der Bücher sehe ich schon meine Kund:innen vor mir und überlege, welcher Titel zu wem passen könnte“, sagt Rosenbichler. „Mein Erfolgsrezept? Authentisch, mit viel Freude, Herzblut und Engagement dabei zu sein. Wenn meine Kund:innen das Geschäft mit Büchern und einem Lächeln verlassen, bin ich dankbar, glücklich und zufrieden.“

Damit auch junge Leser:innen nicht zu kurz kommen, wird bereits für die Allerkleinsten mit einer „bunten Auswahl“ an Büchern gesorgt. Zusätzlich gibt es Buchausstellungen und Lesungen in Kindergärten und Schulen. Das solle die Kinder ans Medium Buch heranführen und sie zum Lesen animieren.

All die Mühen sind auch dringend erforderlich, um sich gegen die Konkurrenz durch große Onlineanbieter zu behaupten. „Wir müssen einfach besser sein als die Onlineriesen“, betont Rosenbichler. Es werde nämlich immer schwieriger, Kund:innen zu überzeugen, dass ihre Buchhandlung durchaus mit diesen mithalten könne.

Von allen Buchliebhaber:innen wünscht sich Frau Rosenbichler weiterhin Wertschätzung für „die kleinen, feinen, inhabergeführten Buchhandlungen“, denn „das gedruckte Buch ist ein wertvolles Kulturgut und muss als solches hochgehalten und unterstützt werden“.

Buchhandlung o*books

Im Oktober 2022 haben Bianca-Maria Braunshofer und Katja Fetty ihre Buchhandlung im Nordbahnviertel im zweiten Bezirk eröffnet. „Wir sind noch keine zwei Jahre alt und haben schon die Ehre, diesen Preis entgegenzunehmen. Das bestärkt uns in unserem Tun, gerade auch, weil wir keine herkömmliche Grätzlbuchhandlung sind“, sagen die beiden.

Was damit gemeint ist? o*books verstehen sich als Sprachrohr für „marginalisierte Stimmen“. „Uns war es immer ein Anliegen, feministische, diverse, queere Literatur anzubieten, und wir positionieren uns auch ganz klar antirassistisch.“

Dabei setzen sie auf eine aufgeklärte Leser:innenschaft: „Wir sind dabei, ein Format zu kreieren, mit dem wir auf Instagram und Facebook ein wenig Einblick in die Branche und ihre Besonderheiten geben.“ Außerdem unterstützen sie Programme zur Leseförderung für Kinder aus bildungsfernen Milieus. „Wir sind z. B. an Kinderliteraturpicknicks beim Kultursommer beteiligt, das hat sich letztes Jahr als sehr fruchtbar herausgestellt. Die Schranken des ,elitären‘ Buchhandels müssen sich öffnen.“

Großer Dank gebührt, wie die beiden klarstellen, ihrem Team und den „besten Kund:innen, die wir uns nur wünschen können. Da wir von Beginn in den sozialen Medien präsent waren und da viel Support erhalten haben, hat sich bereits vor Eröffnung eine starke Community gebildet. Wir denken, dass uns das auch unterscheidet: Die Nähe zu unseren Leser:innen weit über die Grenze des Standorts hinaus.“

Apropos Standort: Die Besiedelung der Geschäftsräume im Nordbahnviertel verlaufe bedauerlicherweise sehr zäh. Die beiden Inhaberinnen arbeiten daran, das zu ändern, denn „wir glauben ganz stark an das Viertel und seine Bewohner:innen, die ja zu einem wesentlichen Teil unseren Kund:innenstamm bilden.“

Was ihnen sonst noch Kopfzerbrechen bereitet, ist der Umstand, dass trotz der hohen Inflation kaum Maßnahmen zur Entlastung gesetzt würden. Sie fordern mehr Verlags- und Buchhandelsförderungen wie auch Unterstützung bei Honoraren, weil diese für Indie-Buchhandlungen schwer zu stemmen seien – Preisgeld hin oder her.

Buchhandlung analog

Die Ausstattung der Buchhandlung im sechsten Wiener Gemeindebezirk wurde bewusst antiquiert belassen, um eine stilvolle und unaufdringliche Umgebung zum Schmökern zu schaffen. „Ein guter Teil des Interieurs ist über hundert Jahre alt und war ursprünglich die Einrichtung eines Stoffhändlers. Wir spielen im Hintergrund immer ruhige klassische Jazz- bzw. Bluesmusik, französische Chansons und dergleichen. Es gibt Tee aus dem Samowar“, beschreibt Baruch Pomper sein Geschäft.

Nomen est omen, hier wird vieles analog geregelt – wobei: „Natürlich braucht es heute auch einen guten Auftritt in den digitalen Medien und sozialen Netzwerken.“ Allerdings habe man sich gegen einen Onlineversand entschieden. Zu groß sei der Konkurrenzdruck von Onlineriesen. „Zudem halte ich diesen Lebensstil für ökologisch und gesellschaftlich problematisch.“

Die Freude an Büchern begleitet Pomper schon sein ganzes Leben. Als Kind wurde er immer mit Fernsehverbot bestraft, wenn er etwas angestellt hatte. „Das hatte zur Folge, dass ich im Grunde genommen niemals fernsehen durfte. Also wich ich auf Bücher aus. Bücher waren für mich zwischen zwei Deckeln gepresste Geheimnisse, die nur darauf warteten, gelüftet zu werden.“

Die monetären Belastungen sind auch für die Buchhandlung Analog spürbar. „Ich unterstütze die Forderung der Wirtschaftskammer nach einer geringeren Mehrwertsteuer“, sagt Pomper. Die Buchpreisbindung hält er für unumgänglich, damit kleinere Buchhandlungen „den großen Playern“ nicht hilflos ausgeliefert seien. Er sieht jedoch noch mehr Handlungsbedarf aufseiten der Politik, „aber fasziniert von der Digitalisierung, werden die enormen gesellschaftlichen Vorteile des existierenden und funktionierenden Buchmarktes und der Lesekultur aus den Augen verloren.“ Dennoch gibt er sich zuversichtlich: „Wenn die technologischen Heilsversprechungen doch nicht in Erfüllung gehen, werden Bücher wieder mehr in den Fokus rücken.“

ÖBHP 24
(c) Georg Feierfeil
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