anzeiger 1/24 – Künstliche Intelligenz und Urheberrecht

Wie verändert KI die Nutzung literarischer Werke? Welche Veränderungen sind zu erwarten und welche Forderungen gibt es in der Branche? Ein Überblick.

Text: Sandra Csillag, Geschäftsführerin der Literar-Mechana, Lektorin und Autorin diverser Fachpublikationen zu urheber- und verwertungsgesellschaftsrechtlichen Themenstellungen.

Generative Sprachmodelle, Substitution im Buchmarkt

Generative Sprachmodelle wie ChatGPT liefern Textergebnisse kostengünstig und rasch. Die Ergebnisse lassen sich ohne großen Aufwand kommerziell verwerten. Es ist absehbar, dass sich aufgrund dieses „Medienumbruchs“ Verschiebungen im Buchmarkt ergeben werden. Das bahnbrechend Neue an der KI-Technologie ist, dass sie auf Arbeitsbefehle („Prompts“) Ergebnisse generiert, die wirken, als würden sie von Menschen stammen.

Unlizenzierte Nutzungen geschützter Werke

Der Erfolg der generativen KI-Anwendungen basiert auf Auswertungen gigantischer Mengen urheberrechtlich geschützter Inhalte. Im großen Stil geschieht dies meist in den USA. Es ist unklar, auf welcher rechtlichen Grundlage dies erfolgt und in welchem Ausmaß österreichische Publikationen davon betroffen sind. Um künftig die Nutzung eigener Werke für das Training kommerzieller generativer KI-Modelle ausschließen zu können, ist es notwendig, dies ausdrücklich zu verbieten. Dafür wurde das „TDM Reservation Protocol“ entwickelt, das in die Metadaten elektronischer Publikationen eingebaut werden muss. Die Erfolgschancen einer Rechtsdurchsetzung bei widerrechtlicher Verwendung sind aber ungewiss.

Pauschalvergütung als Ausgleich für nachteilige Folgen

Die österreichische Buchbranche fordert vom Gesetzgeber die Einführung einer pauschalen Vergütung im Urheberrechtsgesetz, die von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht wird. Die Betroffenen könnten so für nachteilige Auswirkungen entschädigt werden. Damit könnten Projekte gefördert werden, die auf menschlicher Kreativität beruhen. Die Vergütung wäre sowohl für die Vervielfältigung der Werke zu Trainingszwecken als auch für den „Output“ bei den Benutzer:innen zu leisten. Bezahlt werden sollte sie von KI-Anbietern, deren Geschäftsmodelle auf fremden Inhalten basieren.

Generative KI und Verlags-Vertrag

Generative Sprachmodelle eignen sich zur Erstellung von Lebensläufen, Klappentexten, Zitaten usw. Rechtseinräumungen erfolgen regelmäßig für bekannte, aber auch unbekannte Nutzungsarten. Spätestens seit November 2022 sind generative KI-Anwendungen aber nicht mehr unbekannt. Deswegen sollte bei der Vertragsgestaltung entsprechend vorgesorgt werden. Gerade bei lernfähigen generativen Sprachmodellen sollten die Prompts keine geheimen oder vertraulichen Informationen enthalten, insbesondere wenn keine ausdrückliche Erlaubnis der Urheber:innen vorliegt. Das gilt gerade für die Eingabe ganzer oder von Ausschnitten von Büchern, etwa zur Anfertigung von Übersetzungen. In Lizenzverträgen mit ausländischen Verlagshäusern ist dies mittlerweile standardmäßig untersagt. Die Verwendung KI-generierter Ergebnisse ist nach Maßgabe der KI-Nutzungsbedingungen zulässig. Sie dürfen nicht als eigene Werke ausgegeben werden. Exklusive Rechte können nicht erworben werden. Es ist auf bestehende Urheber- und Persönlichkeitsrechte Dritter zu achten. Das gilt auch gegenüber eigenen Verlagsautor:innen: Verlage sind verpflichtet, die Werkintegrität zu wahren. Aufgrund der Sensibilität dieses Themas bei Urheber:innen, bei dem viele rechtliche Fragen noch unklar sind, entwickeln viele Verlage derzeit Richtlinien, um den internen Umgang transparent zu machen.

anzeiger 1 24 (c) Georg Feierfeil
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