Xaver Bayer erhält den Österreichischen Buchpreis 2020

Xaver Bayer wurde heute für sein Buch Geschichten mit Marianne (Jung und Jung) mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet. Der Debütpreis ging an Leander Fischer für den Titel Die Forelle (Wallstein Verlag).  Aufgrund der derzeit geltenden COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung konnte die Festveranstaltung anlässlich der Verleihung des Österreichischen Buchpreises am 9. November 2020 nicht abgehalten werden.

Österreichischer Buchpreis 2020: Xaver Bayer – Geschichten mit Marianne (Verlag Jung und Jung)

Begründung der Jury:

„Ganz alltäglich und entspannt beginnen alle diese „Geschichten mit Marianne“, sie beginnen beim Abwaschen oder mit einem langweiligen Nachmittag, an dem Marianne den Erzähler zu einem Ausflug einlädt. Je harmloser der Anfang, desto grausamer und grotesker der weitere Verlauf. Jede Geschichte setzt neu an und lässt eine Gewissheit des Alltags ins Bodenlose kippen, und sei es der Gang in den Keller. Der Erzähler irrt durch den schlammigen Untergrund einer Riesenstadt, tastet sich im Dunklen durch ein ominöses Schloss oder beobachtet mit Marianne ein Massaker vom Wohnzimmer aus, nachdem er ihr beim Abwasch geholfen hat. Die literarische Moderne wird in diesen Geschichten aufgerufen und souverän in unterschiedlichen Genres eingesetzt – von der Horrorgeschichte bis zur Fantasy-Szenerie. Mit bösem, oft melancholischem Witz leuchtet Xaver Bayer die Angst-Räume unserer Zeit aus, denn immer wieder versinkt sein Held im Chaos, das in leuchtenden Details erzählt wird – letztlich bleibt ihm nur die eigene Fantasie als rettender Ort. Ein brillantes, facettenreiches Nachdenken über unsere Zeit.“

Für die Shortlist nominiert waren außerdem:

Helena Adler – Die Infantin trägt den Scheitel links (Jung und Jung), Monika Helfer – Die Bagage (Carl Hanser), Karin Peschka – Putzt euch, tanzt, lacht (Otto Müller Verlag), Cornelia Travnicek – Feenstaub (Picus).

Der Österreichische Buchpreis ist mit 20.000 Euro dotiert, die vier weiteren Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro.


Österreichischer Buchpreis 2020
Debüt: Leander FischerDie Forelle (Wallstein Verlag)

 width=Die Begründung der Jury:

„In seinem fast 800 Seiten starken Debütroman erweist sich Leander Fischer als äußerst wortgewaltiger Schriftsteller. Er kann sich über mehrere Seiten in kleinste Details des Fliegenfischens versenken und gleichzeitig zu sprachlichen Höhenflügen ansetzen. Fliegt er manchmal zu hoch? Doch, immer wieder. „Die Forelle“ ist das genaue Gegenteil der einfachen, schmucklosen Prosa, die heute in der erzählenden Literatur vorherrscht. Und genau das macht den Reiz der Lektüre aus. Kleine Abstürze mindern die berauschende Wirkung des Romans keineswegs. Fischers Werk ist nicht nur für kunstsinnige Fliegenfischer ein literarischer Leckerbissen. Angesiedelt hat es der Autor in den 1980ern, als die großen Supermärkte kleine Läden zu verdrängen begannen. „Die Forelle“ lässt sich auch als Antiheimatroman lesen, mit dem Waldsterben oder wild fechtenden Reserveburschenschaftern und dementsprechenden Bierdunst als thematischem Hintergrundrauschen. Diese österreichischen Kontinuitäten holen Fischers Prosa für kurze Zeit zurück auf den Boden der Tatsachen. Bis sie von neuem abhebt.“

Für die Shortlist-Debüt nominiert waren außerdem:

Gunther Neumann – Über allem und nichts (Residenz), Mercedes Spannagel – Das Palais muss brennen (Kiepenheuer & Witsch)

Der Debütpreis im Rahmen des Österreichischen Buchpreises ist mit 10.000 Euro dotiert, die zwei weiteren Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro. Der Debütpreis wird von der Arbeiterkammer Wien gestiftet.

Die Fach-Jury für den Österreichischen Buchpreis setzt sich 2020 aus Sebastian Fasthuber (Journalist, Falter), Nicole Henneberg (Literaturkritikerin, u.a. Frankfurter Allgemeine Zeitung), Klaus Seufer-Wasserthal (Buchhändler, Rupertus Buchhandlung) und Ulrike Tanzer (Literaturwissenschaftlerin, Universität Innsbruck) zusammen.

Die Jury zum Preis 2020: „Wir sind davon überzeugt: Lesen hilft, gerade auch in schwierigen Zeiten. Lesen geht immer, sogar von 20 Uhr bis 6 Uhr.  Als Jury haben wir heuer besonders viel gelesen und uns bei den Sitzungen zum Österreichischen Buchpreis in einer so konstruktiven wie kollegialen Atmosphäre darüber ausgetauscht. Es gab in diesem Jahr zahlreiche sehr gute Einreichungen; Bücher, die es verdienen, dass sie wahrgenommen werden und breit über sie berichtet wird. Am Ende herrschte bei beiden Preisen dennoch große Einigkeit und wir dürfen mit dem Erzählband von Xaver Bayer und dem Debütroman von Leander Fischer zwei überragende Texte auszeichnen.“

Andrea Mayer, Staatssekretärin für Kunst und Kultur: „2020 ist für viele im Bereich Kunst und Kultur ein schwieriges Jahr. Das betrifft auch die Literatur. So sind etwa die Leipziger und Frankfurter Buchmesse sowie die Buch Wien ausgefallen – wichtige Vernetzungstreffen und Feste der Literatur sind dadurch verloren gegangen. Und leider kann auch unser Festakt zur Verleihung des Österreichischen Buchpreises zurzeit nicht stattfinden.

Trotz all dieser Absagen und Hindernisse bleibe ich optimistisch, denn wir können uns heuer beim Österreichischen Buchpreis über zahlreiche wirklich wunderbare Bücher freuen. Sie alle will ich den Leserinnen und Lesern ans Herz legen.

Den Österreichischen Buchpreis 2020 erhält Xaver Bayer für seinen Erzählband „Geschichten mit Marianne“, der Debütpreis geht an Leander Fischer für „Die Forelle“. „Geschichten mit Marianne“ zeigt Xaver Bayers Erzählkunst auf neuen Höhen, und auch das 780 Seiten starke Debüt von Leander Fischer ist mehr als eine Talentprobe.

Dieser Wettbewerb beweist einmal mehr, dass die österreichische Literatur zu Recht im deutschsprachigen Raum hochgeschätzt und gerne gelesen wird. Ich bin überzeugt, dass bei Autorinnen und Autoren wie diesen auch die Zukunft der österreichischen Gegenwartsliteratur in guten Händen ist. Ich gratuliere den Ausgezeichneten sehr herzlich!“

Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels:  „Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, der neuen österreichischen Literatur und ihren Autorinnen und Autoren Sichtbarkeit zu verleihen und der Vielfalt und Reichhaltigkeit ihres Werkes Anerkennung zu zollen. Im fünften Jahr seiner Verleihung trägt der Österreichische Buchpreis mehr denn je zu diesem Anliegen bei.“

„Ich gratuliere den Preisträgerinnen und Preisträgern ganz herzlich, insbesondere Leander Fischer, dem Preisträger des diesjährigen Debütpreises“, freut sich AK Präsidentin Renate Anderl. „Mit dem Österreichischen Buchpreis gelingt es, die Vielfalt und den Reichtum der österreichischen Literatur sichtbar zu machen. Schriftstellerinnen und Schriftsteller mit ihren literarischen Debüts zu fördern, ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir wollen angehenden Künstlerinnen und Künstlern die Tür öffnen und sie in ihrer weiteren Entwicklung ermutigen.“

Ziel des Österreichischen Buchpreises ist es, die Qualität und Eigenständigkeit der österreichischen Literatur zu würdigen und ihr im gesamten deutschsprachigen Raum die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen. Der Österreichische Buchpreis wird vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKOES), dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels und der Arbeiterkammer Wien 2020 bereits zum fünften Mal ausgerichtet.

In den Vorjahren ging der Österreichische Buchpreis an Norbert Gstrein (2019), Daniel Wisser (2018), Eva Menasse (2017) und Friederike Mayröcker (2016), der Debütpreis wurde an Angela Lehner (2019), Marie Gamillscheg (2018), Nava Ebrahimi (2017) und Friederike Gösweiner (2016) verliehen.

9.11.2020

 

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