Vor 25 Jahren gründete Hubertus Czernin seinen eigenen Verlag. Als herausragender Journalist war er maßgeblich an der Aufdeckung der Affäre Waldheim, an den Enthüllungen um den Missbrauchsfall Groër in der katholischen Kirche oder an der Entlarvung Jörg Haiders als skrupelloser Rechtspopulist beteiligt. Seit 2004, als er den Verlag als geschäftsführender Gesellschafter übernommen hat, leitet Benedikt Föger den heute im achten Wiener Gemeindebezirk ansässigen Verlag. Dieser konnte in den vergangenen 20 Jahren sein programmatisches Profil deutlich erweitern. „Die aufklärerische, antifaschistische Orientierung mit dem Ziel, den demokratischen Diskurs zu fördern, prägt bis heute die jährlich rund 20 Neuerscheinungen“, so der Verleger. Seit der Verlagsgründung bestehende Reihen, wie die Bibliothek des Raubes zu Restitutionsthemen und die Bibliothek der Erinnerung zur Kultur- und Geistesgeschichte, werden weiterhin gepflegt und bestimmen mithilfe neuer Autor:innen und Schwerpunktsetzungen auch aktuelle gesellschaftspolitische Debatten.
Hinzugekommen ist die intensive Beschäftigung mit neuer österreichischer Literatur, die zum einen einer persönlichen Leidenschaft Fögers entspringt, zum anderen auch eine „psychohygienische“ Motivation birgt, um sich nicht nur mit schweren zeitgeschichtlichen oder politischen Themen befassen zu müssen. Dazu kam eine naturkundliche Buchreihe, die neben wissenschaftsgeschichtlichen Klassikern auch literarische Anthologien zum Nature Writing präsentiert. Als Beispiele nennt Föger, der ursprünglich Biologie studierte, „Aus dem Leben der Bienen“ von Karl Frisch, ein Buch von Paul Kammerer über Terrarienkunde oder eine Abhandlung von Charles Darwin über Regenwürmer, für die er auch das Nachwort beisteuerte.
Abgesehen vom Verleger, der für Programm und Geschäftsführung zuständig ist, besteht das Team aus drei weiteren Personen. Florian Huber, der bereits 2006 im Verlag war und seit Kurzem wieder hier tätig ist, verantwortet Lektorat und Programmentwicklung. Karl Bichler ist für Pressearbeit, Vertrieb und Veranstaltungen verantwortlich. Mirjam Riepl leitet die Herstellung und gestaltet das Layout und die Covers.
„Wenn man die Situation nüchtern betrachtet, stehen die deutschsprachigen Verlage vor großen inhaltlichen Herausforderungen“, so Föger. Die notwendige Reaktion darauf sei, sich weiterzuentwickeln und ein Stück weit neu zu erfinden, um dem Buch als diskursivem Leitmedium eine dauerhafte Zukunft und neue Leser:innen zu sichern. „Es geht darum, das Niveau des Diskurses zu heben, indem wir das historische Bewusstsein stärken und die negativen Konsequenzen eines rein profitorientierten und eigennützigen Handelns aufzuzeigen suchen.“
Dieser Anspruch spiegelt sich auch im Herstellungsprozess der bei Czernin verlegten Bücher wider, der den Autor:innen und Mitarbeiter:innen viel Zeit beim Heranreifen ihrer Ideen zugesteht. „Vor diesem Hintergrund versteht sich die verlegerische Arbeit auch als notwendiges Korrektiv gegenüber den zunehmend von Schnelllebigkeit und Polarisierung geprägten Debatten im digitalen Raum“, ergänzt Florian Huber.
Der Blick auf das Herbstprogramm des Verlags bestätigt diese Einschätzung. Es lädt zur Begegnung mit neuen Geschichten, Themen und Autor:innen ein und formuliert in inhaltlicher und gestalterischer Hinsicht auch ein starkes Plädoyer für die Relevanz des gedruckten Buchs.
Text: Andrea Vanek