Aus dem neu gewählten HVB-Vorstand fünf Statements aus den fünf Fachverbänden über Motivation, Engagement, den Wert der Verbandsarbeit und neue Ideen.
Bernhard Spiessberger, Verlagsvertretung Bernhard Spiessberger: Vorsitzender des Verbandes der Österreichischen Verlagsvertreterinnen und Verlagsvertreter
„Sehr viele Buchhandlungen sind derzeit aus verschiedenen Gründen, vor allem wegen mangelnder Kundenfrequenz, stark unter Druck. Zum Teil wurden die Frühjahrsnovitäten nicht gut verkauft, in den Kassen fehlt das Geld. Jetzt Überzeugungsarbeit für die kommenden Herbstprogramme zu leisten ist im Moment eher eine Herausforderung.
Vor allem stehen wir Vertreter:innen zwischen den Buchhandlungen, die zum Teil gezwungen sind, sparsam einzukaufen, und den Verlagen, die ihre Novitäten möglichst früh richtig einschätzen wollen, und Orientierung für die kommenden Auflagen brauchen.
Die Ausgangslage ist derzeit herausfordernd. Um Entspannung zu bringen, wäre die Senkung der Umsatzsteuer auf Bücher ein wichtiges Instrument. Dafür brauchen wir eine starke Interessensvertretung. Trotz der bisher negativen Antwort aus dem Ministerium ist es unumgänglich, der Bundesregierung mit großer Hartnäckigkeit klar zu machen, wie wichtig es ist, das besondere Kulturgut Buch zu unterstützen! Mittlerweile wäre es angebrachter die Forderung so zu formulieren: Wir müssen das Wort beschützen!
Wenn wir weiterhin einen vielschichtigen, gesellschaftspolitischen Diskurs in diesem Land führen wollen, in dem wissenschaftliche und literarische Stimmen Gehör finden, ist der Weiterbestand einer lebendigen Buchhandelslandschaft notwendig. Ein weiterer Grund für diesen wichtigen Schritt wäre auch das Verhindern von immer langweiliger und austauschbar werdenden Einkaufsstraßen in den Metropolen. Auch Stadtplätze in kleineren Städten dürfen nicht veröden.
Wir Verlagsvertreter:innen sind im HVB der kleinste Zusammenschluss, aber es ist sehr wichtig, auch innerhalb der Branche politisch tätig zu sein und Forderungen, die im Interesse aller Mitglieder sind, zu formulieren und zu vertreten! Es gibt viele positive Beispiele für das Zusammenwirken der verschiedenen Fachverbände und die Arbeit des HVB: etwa die jährliche Ausschreibung zum Buchhandelspreis, der Preis für die schönsten Bücher Österreichs, die Veranstaltungen zum Welttag des Buches und die Buch Wien.“
Nicole List, Buchhandlung List: Neues Mitglied im Vorstand des Österreichischen Buchhändlerverbandes
„Die Lage für uns Buchhändler:innen ist schwer: steigende Kosten in jedem Bereich, höhere Löhne, Mieten und Transportkosten – gefühlt ist alles teurer geworden. Außer die Bücher. Auch die Anerkennung der Buchhandlungen seitens der Politik ist noch immer ein Thema. Buchhandlungen sind so viel mehr als wirtschaftliche Unternehmen. Wir vermitteln Kultur, Wissen, wir machen Leseförderung. Trotzdem gelten wir nicht als systemrelevant. Dieses Bewusstsein muss man ändern. Wäre es bereits vorhanden, würde man gar nicht über eine Senkung der Umsatzsteuer diskutieren müssen, es würde einfach passieren.
Es gibt also viel zu tun für uns alle im HVB. Ich möchte einerseits hinhören, mit Buchhändler:innen ins Gespräch kommen und schauen, wo es brennt. Andererseits stärker denn je Lobbyarbeit für die Branche betreiben, auch im Austausch mit Politiker:innen hartnäckiger sein denn je.
Als neues Mitglied im Vorstand möchte ich zunächst die Strukturen und Abläufe des Verbandes kennenlernen. Es ist sehr interessant, einen zusätzlichen Einblick in die Branche zu bekommen. Mir ist es wichtig, dass auch die Bedürfnisse der „kleinen“, unabhängigen Buchhandlungen wahrgenommen werden.
Aktuell sammele ich in meinem Alltag Themen, die ich gern als Anträge einbringen möchte. Ich bin auch sehr offen für Input und Anregungen von Kolleg:innen, persönlich oder per E-Mail. Gemeinsam kann man gezielter agieren als allein. Sei es im Verband oder im kollegialen Miteinander. Wir alle stecken in diesem Boot, und müssen gemeinsam rudern.
Es ist zum Beispiel für Filialist:innen viel leichter möglich, die individuelle Preiserhöhung umzusetzen. Sie spüren den Konkurrenzdruck deutlich weniger stark als unabhängige Buchhandlungen. Für uns ist es problematisch, wenn es fünf Kund:innenbeschwerden im Monat gibt. Auch beim Thema Marketing haben kleine Geschäfte weniger Möglichkeiten.
Manchmal fehlt auch definitiv das Know-how. Da braucht es leistbare, unkomplizierte Unterstützung. Helfen können regelmäßige Umfragen via Newsletter, Arbeitsgruppen etc. Ich möchte mich auch für mehr Werbung für den Buchhandel einsetzen. Keine individuelle, sondern als Branche, als das, was wir sind: Menschen, die Bücher lieben, und diese anderen Menschen, die auch Bücher lieben, empfehlen wollen.“
Andreas Gausterer, KÖBU-Data: Mitglied im Verband der Österreichischen Buchgrossisten
„Zusammenarbeit innerhalb des HVB ist ungemein wichtig: Viele Themen gelten für alle Marktteilnehmenden und innerhalb des Verbandes kann man diese in einer größeren Gruppe diskutieren und sich austauschen. Ich werde mich dahingehend einbringen, die einzelnen Teilsitzungen für alle Verbandsteilnehmenden zu öffnen und vielleicht zeitlich hintereinander anzulegen, um ein größeres gemeinsames Verständnis und einen Themenaustausch innerhalb der Branche anzuregen.
Die Herausforderungen in der Buchbranche sind zurzeit vielfältig: Steigende Kosten in allen Bereichen, Personal, Standortmieten, Energie, Logistik, Transport, Treibstoff, Versand, Verpackung, und höhere Zinsen bei der Kapitalbeschaffung senken die Gewinnspanne massiv. Aus diesen Gründen ist es im Buchhandel für viele Standorte schwierig, eine Nachfolgeregelung zu finden.
Für Auslieferungen liegen die Herausforderungen in den immer kleinteiligeren Aufträgen, höheren Remissionsquoten und der Bereitstellung der laufenden Kosten für die Modernisierung der Auslieferungslogistik sowie der EDV-Systeme. Die technischen Anforderungen an uns haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, und ich denke, dass sich das Tempo dieser Entwicklung noch steigern wird.
Der HVB versucht mit der Mehrwertsteuersenkung eine Entlastung der Buchbranche zu erwirken. Es ist ein Schritt, der der Brache helfen wird, aber es ist nur ein Puzzleteil, um nachhaltig Gewinne zu erwirtschaften. Wir in unserem Fachverband sehen außerdem die Möglichkeit, für die gesamte Branche Lösungen im HVB zu diskutieren und Vorschläge zu unterbreiten, die im Alltagsgeschäft helfen werden.
Insgesamt ist die Öffentlichkeitsarbeit durch den HVB im Bereich Buch einmalig in Österreich. Der Verband hat durch seine Aufritte bei internationalen Messen, der eigenen Messe Buch Wien und bei den Ausrichtungen der zahlreichen Buchpreise ein Alleinstellungsmerkmal. Nur dadurch wird das Kulturgut Buch durch die Medien immer wieder in den Mittelpunkt gestellt. Ich denke, dass die Branche diesem Werbewert zu wenig Rechnung trägt.
Wir im Verband müssen den Mitgliedern wieder vermitteln, dass es ehrenvoll ist, ein Mitglied im HVB zu sein. Jeder und jede soll sich auch daran erinnern, dass dies nicht selbstverständlich ist, und jedes Mitglied sich auch engagieren und selbst einbringen muss.“
Gisela Glöckler, G&G, Ueberreuter: Neues Mitglied im Österreichischen Verlegerverband
„Ich finde es großartig, mit welchem Engagement und Einsatz der HVB jedes Jahr die Buch Wien auf die Beine stellt und dem breiten Publikum ermöglicht, in die faszinierende Welt der Bücher einzutauchen. Immer verbunden mit einem sensationellen Rahmenprogramm. Der Buchbranche wird die Gelegenheit geboten, sich selbst und Autor:innen sowie Illustrator:innen zu präsentieren. Lobenswert finde ich auch, dass sich der HVB mit dem Thema Urheberrecht auseinandersetzt und Anlaufstelle für seine Mitglieder ist. Ebenso, was Aktualisierungen und Ausformulierungen von Verlagsverträgen (Stichwort „KI-Passus“ in den Verträgen) betrifft. Es hilft, dass der HVB hier eine gute Basis schafft! Verbesserung wünsche ich mir für die Zusammenarbeit zwischen HVB und Fachverband.
Verlage sehen sich mit wachsender Komplexität und ständigem Wandel konfrontiert. Aktuell fordert uns spürbar die immer noch angespannte Situation am Buchdruck- und Papiermarkt. Die meisten Verlagskalkulationen basieren immer noch auf dem Drittelverhältnis der Produktionskosten (Papier, Druck, Bindung). Dieses Verhältnis hat sich seit der Papierkrise auf über fünfzig Prozent Papierkostenanteil verschoben, der Gesamtpreises hat sich deswegen drastisch erhöht. Anfang des Jahres sind die Papierpreise wieder ein wenig zurückgegangen, davor haben sie sich aber bei gewissen Sorten mehr als verdoppelt.
Diese Preisdiskrepanz können wir auch nicht mit der Erhöhung der Ladenpreise ausgleichen. Schon gar nicht im Bereich Bilderbuch. Dankenswerter Weise unterstützen uns unsere Druckpartner, so gut es ihnen möglich ist. Aber auch ihnen sind durch die Energie- und Personalkosten enge Grenzen gesetzt.
Damit Verlage in dieser anspruchsvollen Zeit nicht ausschließlich mit dem spitzen Bleistift rechnen müssen, könnte sich der HVB noch mehr in Sachen Verlagsförderung und/oder etwaiger anderer Kostenunterstützung durch die Regierung zur Absicherung der kulturellen Vielfalt engagieren. Etwa für eine gerechtere Verteilung der Verlagsförderung. Es gibt leider immer noch Verlage, die von einer Förderung komplett ausgenommen sind. Für dieses wichtige Thema werde ich mich einsetzen.
Es ist mir ein besonderes Anliegen, die Zukunft der Verlagsbranche mitzugestalten. Es ist sehr wichtig, unsere Kräfte zu bündeln. Derzeit geht es darum die „New Generation“ der Leser:innen anders zu „catchen“. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass wir neue Trends, Ausrichtungen, Technologien und Interessen nicht verpassen, sondern rasch darauf reagieren. Interessant ist für uns Verlage auch das Thema KI. Was kommt hier noch auf uns zu, welche Hindernisse oder welche Vorteile können wir erwarten?“
Robert Schoisengeier, Antiquariat Burgverlag: Neuer Vorstand des Verbandes der Antiquare Österreichs
„Wir Antiquar:innen bemerken schon seit geraumer Zeit das allmähliche Verschwinden klassischer Ladengeschäfte. Das beunruhigt uns. Wir sind bemüht, die Existenz des Antiquariatsbuchhandels in der Öffentlichkeit bekannt zu halten, und auf Fragen wie solche einzugehen: Was ist das Antiquariat? Wodurch unterscheidet es sich vom Sortimentsbuchhandel? Aus welchen Gründen sollte man sich dafür interessieren?
In dem Zusammenhang finden wir es wichtig, dass die vielen Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit des HVB auch für das Antiquariat vermehrt genutzt werden: anzeiger, Social Media, Veranstaltungen, in die Antiquar:innen eingebunden werden. An diesen Punkten müssen wir noch Schrauben nachziehen.
Um mich einzubringen, engagiere ich mich in meinem Verband. Ich möchte das faszinierende Antiquariatswesen in allen seinen vielen Facetten anderen vermitteln und befördern. Ich bin seit längerem Mitglied des Hauptvorstandes (früher auch im Vorstand der ILAB, International League of Antiquarian Booksellers) und damit an den Entscheidungen des gesamten Verbandes beteiligt. Deshalb weiß ich von den Vorteilen, die ein großer Verband hat. Die wichtige Arbeit der einzelnen Verbände wird vom Hauptverband bereitwillig unterstützt und mitgetragen.
Die Stärke des HVB ist die gemeinsame Arbeit, wobei gleichzeitig auch Unterschiede bestehen dürfen. Das gemeinschaftliche Auftreten in der Öffentlichkeit wie auf der Buch Wien hat sich trotz oder wegen aller Diversität bewährt. Diese Vielfalt, zu der der Verband der Antiquare prononciert beiträgt, ist eine bemerkenswerte Wesensart des HVB. Dies soll verstärkt zum Ausdruck gebracht und wahrgenommen werden.“