Heuer wurde erstmals der „Österreichische Buchpreis FRANKREICH“ verliehen: an Milena Michiko Flašar für ihren Roman „Oben Erde, unten Himmel“. Der vom Österreichischen Kulturforum Paris organisierte Preis soll nun jährlich vergeben werden.
Frankreich ist ein Land der Buchpreise. Sie sind nicht nur für eine literaturaffine Blase wichtig, sondern schaffen es in die Mainstream-Medien. Wenn der größte unter ihnen, der Prix Goncourt, verliehen wird, stehen der Gewinnertitel und dessen Autor:in im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Diese Besonderheit machen sich das Österreichische Kulturforum in Paris und der HVB jetzt zunutze: Heuer wurde erstmals der Österreichische Buchpreis FRANKREICH verliehen.
„Damit wollen wir zeitgenössische Literatur aus Österreich in Frankreich bekannter machen und den Gewinner:innen eine Tür in den französischen Markt öffnen“, erklärt Julia Thallinger. Seit letztem Jahr leitet sie das Österreichische Kulturforum in Paris, die Idee für den neuen Buchpreis hatte sie schon, bevor sie die Stelle antrat. „Er ist nicht als Konkurrenzveranstaltung zum Österreichischen Buchpreis gedacht. Ganz im Gegenteil, wir möchten ihn in Frankreich bekannter machen.“
Bisher wird der Österreichische Buchpreis dort kaum wahrgenommen. Überhaupt haben es zeitgenössische Texte aus Österreich bei der Grande Nation schwer. Ein Los, das sie mit fremdsprachiger Literatur aus der ganzen Welt teilen. Der Markt wird von französischsprachigen Produktionen dominiert, der Anteil übersetzter Werke ist verschwindend klein: Derzeit werden weniger als 700 Titel pro Jahr ins Französische übersetzt, Tendenz fallend. „Davon sind weniger als zehn Prozent deutschsprachige Bücher“, sagt Thallinger. „Und von diesen kommen wiederum nur wenige aus Österreich.“ Dabei werde Österreich traditionell durchaus mit großer Literatur in Verbindung gebracht: „Für alle Schüler:innen, die Deutsch lernen, steht Zweig auf der Leseliste“, erzählt Thallinger. „Auch Rilke, Kafka, Handke und Jelinek sind sehr bekannt.“
Zeit, diesen Namen weitere hinzuzufügen, findet man im Kulturforum. Kandidat:innen werden von der fünfköpfigen Jury des Österreichischen Buchpreises FRANKREICH 2024 bestimmt. Sie setzt sich vor allem aus OeAD-Lektorinnen in Paris, Montpellier und Dijon zusammen, die die Bücher mit ihren Studierenden diskutieren. Den Vorsitz hat Stéphane Pesnel übernommen. Der renommierte Germanistikprofessor unterrichtet an der Sorbonne und wird ebenfalls gemeinsam mit seinen Studierenden entscheiden. Außerdem mit dabei ist die Pariser Buchhändlerin Sophie Semin. Die Ehefrau von Peter Handke legt in ihrem Geschäft den Schwerpunkt auf deutschsprachige Literatur. Thallinger findet die Zusammensetzung gelungen. „Uns war wichtig, dass die Jury im ganzen Land verteilt ist. Außerdem freut es mich, dass wir so viele junge Menschen mit einbeziehen können.“
Die Gewinnerin der Auszeichnung wurde aus der Shortlist des Österreichischen Buchpreises 2023 ermittelt: Milena Michiko Flašar wurde zur ersten Preisträgerin gekürt. Ihr Name wurde im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung am 29. November in der Österreichischen Botschaft Paris verkündet, Flašar wurde mit einer Video-Nachricht zugeschaltet. 2025 wird sie nach Frankreich eingeladen. Das Kulturforum organisiert eine Lesereise und knüpft Verlagskontakte. Die neue Auszeichnung geht nicht zuletzt mit der Hoffnung auf eine Übersetzung ins Französische einher. Der Zeitpunkt der Preisverleihung Ende November, kurz nach der Verleihung des Österreichischen Buchpreises, war heuer für die Jury nicht anders möglich, erklärt Thallinger. „Ab 2025 wollen wir aber versuchen, die Preisverleihung früher im Jahr anzusetzen.“ Trotzdem sei die erste Ausgabe des Österreichischen Buchpreises FRANKREICH ein Erfolg. „Und es sollen viele weitere folgen!“
Text: Linn Ritsch